Regionale Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung

Beschäftigte in der Region fordern Sicherheit und Perspektiven sowie Arbeitszeiten, die zum Leben passen

12.07.2017 | Sicherheit und Perspektiven in der Arbeitswelt, eine neue Arbeitsmarktpolitik, bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben und sichere Renten sind die wesentlichen Forderungen der Beschäftigten an die Politik. Zu diesem Ergebnis kommt die bislang größte Beschäftigtenbefragung Deutschlands. Mehr als 680.000 Beschäftigte aus rund 7.000 Betrieben haben sich bundesweit an einer aktuellen Befragung der IG Metall beteiligt. Im Bereich der IG Metall Hanau-Fulda (Main-Kinzig-Kreis und Osthessen) haben rund 2.700 Beschäftigte aus 25 Betrieben ihr Votum abgegeben. „Diese hohe Beteiligung zeigt: Die Beschäftigten wollen mit ihren Wünschen, Sorgen und Forderungen gehört werden. Sie trauen uns als IG Metall eine Menge zu. Wer im September gewählt werden will, kommt an den Ergebnissen unserer Befragung nicht vorbei“, sagte Robert Weißenbrunner von der IG Metall Hanau-Fulda.

Rund 95 Prozent fordern, es müsse Schluss sein damit, dass die Arbeitnehmer höhere Beiträge zur Krankenversicherung zahlen als die Arbeitgeber. Weiter fordern die Beschäftigten ein höheres Rentenniveau (85 Prozent), selbst wenn dazu die Rentenversicherungsbeiträge erhöht werden müssten. Und 87 Prozent sind der der Auffassung, dass private Vorsorge die Lücke nicht schließen kann, die durch die Absenkung des Rentenniveaus droht. 80 Prozent halten es für wichtig, dass es wieder zu einer stärkeren Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen und großer Erbschaften kommen müsse, um gesellschaftliche Aufgaben besser bewältigen zu können.

Je schwächer die Position der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt ist, umso größer sind die Sorgen um den Arbeitsplatz. Auch daher fordern 90 Prozent der Befragten in der Region die Abschaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere sachgrundloser Befristung und Minijobs.

92 Prozent der Befragten erwarten von der Politik mehr Schutz von Tarifverträgen. „Nur Tarifverträge garantieren eine faire und verlässliche Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen. Fehlt Tarifbindung, droht Lohndumping. Die Politik muss dafür sorgen, dass für möglichst viele Beschäftigte ein Tarifvertrag gilt. Outsourcing darf nicht dazu führen, dass sich Arbeitgeber davor drücken, Tariflöhne zu zahlen“, forderte Weißenbrunner.

So fordern 92 Prozent der Beschäftigten ein gesetzliches Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit. Scharf kritisierte Weißenbrunner, dass ein gesetzliches Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeitarbeit von der CDU/CSU verhindert wurde. 92 Prozent der Beschäftigten hatten bei der Befragung einen solchen verbindlichen Anspruch gefordert. "Die Union hat eine große Chance verpasst, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Es ist bedauerlich, dass sich Kanzlerin Merkel bei diesem wichtigen Zukunftsthema dem Druck der Arbeitgeber gebeugt hat. Die Leidtragenden dieser kurzsichtigen Politik sind vor allem Frauen“, sagte Weißenbrunner.

Die Befragung hat deshalb gezeigt: Die Menschen wollen Arbeitszeiten, die zu ihrem Leben passen. In der Region wünschen sich zwei Drittel der Beschäftigten die 35-Stunden-Woche oder kürzere Arbeitszeiten. So wollen knapp 25 Prozent der Beschäftigten die Vollzeitarbeit auf weniger als 35 Stunden reduzieren. Jeder zweite Befragte kann sich auch vorstellen, dass die Wochenarbeitszeit generell mit Entgeltausgleich verkürzt wird, selbst wenn dafür zukünftig Entgelterhöhungen geringer ausfallen.

„Die 35-Stunden-Woche ist dabei für die große Mehrzahl der Beschäftigten die Wunscharbeitszeit. Wir müssen das Mantra der Arbeitgeber: Vollzeit plus Überstunden plus Flexibilität plus Leistungsdruck endlich durchbrechen. Da haben sich Arbeitszeiten entwickelt, die nicht immer zum Leben passen, insbesondere wenn man Kinder hat oder Angehörige pflegen muss“, so Weißenbrunner. 85 Prozent sind der Auffassung, dass es gut wäre, die Arbeitszeit zeitweise absenken zu können, etwa für die Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder die berufliche Weiterbildung. Dafür erwarten die Beschäftigten auch einen finanziellen Ausgleich.

Die IG Metall wird sich mit den sozialpolitischen Ergebnissen der Befragung aktiv in die gesellschaftliche Debatte, insbesondere im Rahmen der Bundestagswahl einmischen und die Parteien daran messen. In der Region sind Gespräche zwischen Vertretern der IG Metall und Bundestagskandidaten geplant. Darüber hinaus rufen die Gewerkschaften zu einer Kundgebung am 25.08. in Kassel auf, unter dem Motto „Deine Stimme für eine gute Rente“.

„Beides ist notwendig: Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern, aber auch der Druck der Zivilgesellschaft und sozialer Bewegung auf der Straße. So entsteht gesellschaftlicher und sozialer Fortschritt und es ist das beste Mittel gegen Rechtspopulismus in unserer Gesellschaft“, erklärt Weißenbrunner

Beim Thema Arbeitszeit ist in den tarifgebundenen Betrieben und den Gremien der IG Metall auf Basis der Ergebnisse der Befragung eine Tarifforderung im Entstehen. Mehr Selbstbestimmung für die Beschäftigten, tarifliche Ansprüche auf Reduzierung der Arbeitszeit und Rückkehr in Vollzeit sowie Arbeitszeitmodelle, insbesondere im Schichtbetrieb, die zum Leben passen und weniger gesundheitsschädigend sind, aber auch mehr Mitsprache der Betriebsräte, wenn objektiv zu wenig Personal eingestellt ist und Regelungen zu mobiler Arbeit werden diskutiert.

 

Von: rw

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