30.04.2020 | 130 Jahre nach der ersten Mai-Kundgebung im Jahr 1890 bleiben die öffentlichen Plätze leer: keine roten Gewerkschaftsfahnen. Stattdessen ökonomische Hiobsbotschaften. In den Wochen seit Mitte März sind Produktion und Dienstleistungen im Durchschnitt aller Branchen um rund 16% zurückgefahren wurden. Im April haben Unternehmen für die Rekordzahl von 10,1 Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet, nahezu zehn Mal so viel wie auf dem Höchststand der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 - nahezu jeder vierte Beschäftigte. Gleichzeitig steigt die Zahl der Arbeitslosen auf nunmehr 2,644 Millionen. Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem Umwälzungsprozess, der stärker ist als je zuvor in der Nachkriegsgeschichte.
Keine Reden zum 1. Mai 2020? Doch! Hans-Jürgen Urban hat ein Grußwort online gestellt, das eine Mai-Rede werden wollte, aber nicht konnte. Die Botschaft: »Die Verteilung der Krisenlasten muss gerecht organisiert werden. Starke Schultern müssen mehr tragen!« Denn so führe ich aus: »In einer Welt, in der täglich an den Finanzmärkten x-Milliarden Dollar verzockt werden, dürfte das doch kein Ding der Unmöglichkeit sein! Es fehlt nicht an Geld, es fehlt am politischen Willen!« Hier nicht kleinlaut zu kapitulieren, ist Aufgabe einer Gewerkschaftsbewegung, die ihrem internationalistischen Erbe treu bleiben will. Ich ergänze: »Wir wollen nach vorne, in eine Gesellschaft, in der nicht Markt und Profit, sondern Nachhaltigkeit und Demokratie die Richtung weisen. In Kurzfassung heißt das: Weniger Kapitalismus, mehr Solidarität. Starke Gewerkschaften mit engagierten Mitgliedern und Solidarität als historischen Kompass – nie war das so wertvoll wie heute!«