20.01.2020 | Die betriebliche IG Metall-Tarifkommission bei der Fa. Thermo Fisher hat am vergangenen Wochenende die zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbarten Verhandlungsergebnisse intensiv beraten und bewertet. Hierzu hat die Tarifkommission nachfolgende Erklärung und Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise beschlossen. Die IG Metall-Mitglieder bei Thermo Fisher werden am kommenden Freitag, den 24.1.2020 über diese Empfehlung abstimmen.
Die IG Metall-Mitglieder bei Thermo Fisher in Langenselbold haben am 22.08.2019 Sozialtarifforderungen beschlossen, um einen Beitrag zur Lösung der Auseinandersetzung um die Verlagerung von 100 Arbeitsplätzen zu leisten. Der Konzern hat sich bis zum Schluss geweigert, Verhandlungen hierüber aufzunehmen. Gleichzeitig hat der Betriebsrat durch Beschluss sichergestellt, dass die Forderungen der IG Metall-Mitglieder durch haupt- und ehrenamtliche Tarifkommissionsmitglieder im Verfahren vor der Einigungsstelle regelmäßig Berücksichtigung fanden.
Auch wenn kein Sozialtarifvertrag abgeschlossen wurde, so können wir festhalten, dass sowohl der Erhalt von 20 Arbeitsplätzen, als auch die überdurchschnittlich hohen Abfindungsregelungen nur möglich waren, aufgrund der vielfältigen betrieblichen und öffentlichen Aktionen. Wir haben eine breite Unterstützung aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik erfahren, die nicht alltäglich ist und für die wir sehr dankbar sind.
Am 10. Januar 2020 wurde ein Interessenausgleich und Sozialplan sowie weitere Verhandlungsergebnisse zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erzielt. Das Ergebnis wurde im Rahmen einer Sprechstunde des Betriebsrats der Belegschaft vorgestellt. Die IG Metall-Tarifkommission hat am vergangenen Wochenende den Interessenausgleich und Sozialplan intensiv beraten und bewertet.
Die Tarifkommission ist weiterhin der Auffassung, dass der vorgesehene Personalabbau eine unternehmerische Fehlentscheidung ist und ausschließlich der kurzfristigen Profitgier des Konzerns dient. Wir sehen erhebliche Risiken für die Prozesssicherheit und die Kundenbeziehungen sowie vielfältige Problemstellungen in der Umsetzung der Verlagerungen. Wir haben erhebliche Zweifel, ob die vorgesehenen Maßnahmen wie geplant umgesetzt werden können und in der Folge die vom Konzern erwarteten Ziele damit erreicht werden
Wir sind der Auffassung, dass wir unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen mit den erzielten Verhandlungsergebnissen unsere Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Mit den überdurchschnittlich hohen Abfindungsregelungen konnte eine unserer zentralen Sozialtarifforderungen in den Regelungen durchgesetzt werden. Eine mittelfristige Standort- und Beschäftigungssicherung konnten wir dieses Mal nicht erreichen. Es bleibt deshalb zu befürchten, dass es über kurz oder lang zu weiteren vergleichbaren Personalabbaumaßnahmen kommen kann. Das sollte uns aber keine Angst machen.
Wir haben als IG Metallerinnen und Metaller bei Thermo Fisher in Langenselbold in dieser Auseinandersetzung über mehrere Monate um den Erhalt der Arbeitsplätze hart gekämpft. Es ist ein großer Erfolg, dass wir eine solche breite Bewegung im Betrieb und in der Öffentlichkeit über einen derart langen Zeitraum organisieren konnten. Spätestens jetzt wissen die Entscheidungsträger im Konzern, dass man mit der Langenselbolder Belegschaft nicht alles machen kann und man mit derartigen Maßnahmen auch in Zukunft auf breit getragenen Widerstand stößt. Auch das ist ein Erfolg unserer vielfältigen Aktivitäten der letzten Monate.
Wir sind sicher, dass es uns bei vergleichbaren Maßnahmen des Konzerns auch zukünftig gelingen wird, den Protest und Widerstand erneut zu organisieren. Die IG Metall-Tarifkommission hat daher einstimmig beschlossen, den IG Metall-Mitgliedern bei Thermo Fisher zu empfehlen, die erhobenen Sozialtarifforderungen zurückzuziehen und dies zur Abstimmung zu stellen.